Entstehung

Das Online-Übungsmaterial „Deutsche Phonetik für japanische Studierende“ (Albrecht / Hirschfeld / Kakinuma) basiert auf dem von der Dokkyo-Universität (1998, 2011) herausgegebenen Material „Deutsche Phonetik für japanische Studenten“, das aus einer Broschüre sowie Ton- und Videoaufnahmen besteht und für den Gebrauch im Deutschunterricht vorgesehen ist. Für die Online-Version wurden alle Video- und Audioaufnahmen neu angefertigt, alle Übungen methodisch verändert und an die interaktive Arbeit am Computer angepasst. Ein großer Teil der Übungen wurde auch inhaltlich verändert bzw. durch neue Übungen ergänzt und ersetzt.

Japanisches Unterrichtsmaterial für Deutschlernende an Universitäten und Schulen verzichtet noch immer häufig auf systematisches Aussprachetraining. Lehrmaterial zur Grammatik und Lektüre behandelt die deutsche Aussprache in der Regel auf ein, zwei Seiten in Verbindung mit dem Erlernen des Alphabets. Es ist kaum spezielles Material für Ausspracheübungen vorhanden. Die wenigen Lehrmaterialien, die es gibt, demonstrieren und üben Aussprache in der Regel an isolierten, sprachlich schwierigen Beispielen und wenden sich häufig an spezifische Lernergruppen, z.B. Sänger. Sucht der interessierte Lernende in Lehrbüchern und Wörterbüchern Hilfe für die Aussprache, dann findet er sich häufig anstelle des Internationalen Phonetischen Alphabets mit einer Kana-Umschrift konfrontiert, die gerade die Schwierigkeiten der deutschen Aussprache (Umlaute, Konsonantencluster, R-Laute) nicht adäquat wiedergeben kann.

Man darf aus dem Fehlen von phonetischem Übungsmaterial aber nicht schließen, dass Japaner Ausspracheübungen nicht brauchen. Japaner haben oft sogar große Ausspracheprobleme, wenn sie Deutsch sprechen. Das wird besonders deutlich bei Kursen im Ausland, wo japanische Lerner im Vergleich mit anderen Studierenden deutlich schlechter sind. Sie tun sich schwer, an Gesprächen teilzunehmen und verzichten oft ganz auf aktive Mitarbeit.

Das Institut für Fremdsprachendidaktik an der Dokkyo Universität hat sich deshalb zum zweiten Mal bereit erklärt, ein Projekt zur Erarbeitung von phonetischem Unterrichtsmaterial zu organisieren und zu finanzieren. An der Finanzierung beteiligte sich dank der Mitarbeit von Mayako Niikura auch die Sophia-Universität.

 

Aufbau des Materials und Wortschatz

Das Online-Übungsmaterial „Deutsche Phonetik für japanische Studierende“ ist nach dem Baukastenprinzip aufgebaut. Jede Lektion hat eine systematische Struktur, d.h., die Aufgabenkomplexe und die dazugehörigen Übungen folgen einer steigenden Progression und bauen aufeinander auf. Das Material besteht aus 23 Lektionen zu den wichtigsten phonetischen Schwerpunkten im Deutschen für japanische Studierende (vgl. Inhaltsverzeichnis).

Jede Lektion enthält mehrere Aufgabenkomplexe (A – F), zu jedem Aufgabenkomplex gehören mehrere Übungen (a –  …). Die einzelnen Aufgabenkomplexe haben folgende Ziele:

  • Aufgabenkomplex A führt in das phonetische Thema der Lektion mit einer Videoaufnahme ein. Es folgen Hörübungen und teilweise auch Videoillustrationen zum Thema der Aufnahme.
  • Aufgabenkomplex B erklärt, wie suprasegmentale (wie Akzente, Melodie, Rhythmus) und segmentale (Vokale, Konsonanten) Einheiten und Merkmale realisiert werden müssen und vermittelt bzw. übt notwendige Regelkenntnisse.
  • Ab Aufgabenkomplex C folgen mehrere weitere Aufgabenkomplexe zum phonetischen Hören bzw. zur Zuordnung von Laut-Buchstaben-Beziehungen anhand von einzelnen Wörtern, Wortgruppen und Sätzen.
  • Der letzte Aufgabenkomplex behandelt das phonetische Thema am Beispiel von Gedichten, Lied- oder Prosatexten.

Die verwendete Lexik sowie die syntaktischen Strukturen entsprechen i.d.R. der Sprachniveaustufe A2. Es werden außerdem Vor-, Familien- und Ortsnamen verwendet. Die Gedichte und Prosatexte enthalten schwierigere lexikalische und grammatische Formen und sind daher eher für fortgeschritten Lerner geeignet. Auch wenn sich der Wortschatz der meisten Übungskomplexe an der Sprachniveaustufe A2 orientiert, können auch fortgeschrittene Lernende das Material nutzen, und sogar manche Lehrenden werden zu ihrer eigenen Weiterbildung daraus Nutzen ziehen können.

Besonders empfehlen möchten wir das Material als Vorbereitung auf doken 2 und die Zertifikatsprüfung.

 

Zielgruppe und Einsatzmöglichkeiten

Das Online-Übungsmaterial „Deutsche Phonetik für japanische Studierende“ ist für Lernende ab Sprachniveaustufe A2 geeignet.

Das Material ist zum Selbstlernen konzipiert. Es dient in erster Linie der Sensibilisierung für phonetische Merkmale des Deutschen, der Entwicklung der Hörfertigkeiten und dem Erwerb, der Festigung und der Anwendung von Regelwissen. Es ist nur bedingt geeignet, die Aussprechfertigkeiten zu verbessern, das geht nicht ohne eine Lehrperson. Computerprogramme können bisher die individuellen Abweichungen weder in ihrem Grad und in ihrer Art bewerten, noch konkrete Hilfestellungen geben.

Die Arbeit mit dem Material setzt also die Behandlung der phonetischen Themen im Unterricht voraus. So muss die Korrektur von Aussprachefehlern im Unterricht erfolgen. Termini und Transkriptionszeichen sollten ebenfalls im Unterricht behandelt werden. Darauf aufbauend können komplette Lektionen bzw. einzelne Aufgabenkomplexe oder Übungen daraus als Hausaufgabe gegeben und deren Lösungen später im Unterricht gemeinsam besprochen werden. Die Übungen und Videosequenzen können aber auch gemeinsam mit der gesamten Lernergruppe im Unterricht bearbeitet werden.

 

Arbeitsempfehlungen

Das Material ist ein Angebot für das individuelle Aussprachetraining. Es ist adaptionsfähig, man kann nach sprachlichem Niveau, Bedürfnissen und Interesse auswählen. Die Lektionen können komplett in der numerisch vorgegebenen bzw. auch in einer beliebigen Reihenfolge durchgearbeitet werden. Bei der Bearbeitung einer einzelnen Lektion ist es empfehlenswert, jede Lektion vom ersten bis zum letzten Übungskomplex (A – F) systematisch durchzuarbeiten bzw. auch alle Aufgaben innerhalb eines Aufgabenkomplexes nacheinander zu lösen. Je nach Bedarf können aber auch problemlos einzelne Aufgabenkomplexe bzw. Übungen herausgriffen werden.

Wir empfehlen, dass die Übungen zur Prosodie am Anfang stehen und dass die Reihenfolge Prosodie – Vokale und Konsonanten – Reduktionen und Assimilationen nicht umgekehrt wird. Der Grund dafür ist, dass Satzakzent, Wortakzent, Rhythmus, Melodie und Pausen die Verständlichkeit in hohem Maße sichern helfen. Außerdem ist ein phonetisches Problem mit einer Übung nicht erledigt. Eine Lektion setzt einen Schwerpunkt, aber es gibt eben lektionsübergreifende Probleme. So kann z.B. der Wortakzent in jeder späteren Lektion und Übung wiederholt und geübt werden.

Es gibt keine Übungen an isolierten Wörtern. Jede Übung steht unter einem Thema. Eine Besonderheit und ein Vorteil dieses Konzepts ist es, dass es zu jedem Übungstext mehrere Aufgaben gibt, so dass ein hoher Automatisierungsgrad erreicht werden kann. Die Texte regen zum Variieren und Modulieren an. Viele Übungen sind offen, insbesondere im Unterricht können sie durch weitere Aufgaben und Beispiele ergänzt werden.

Beim Üben sollten grundsätzlich Körperbewegung und Gesten eingesetzt werden. Zeigen Sie, wie die Melodie verläuft, wo eine Pause gemacht wird. Schlagen Sie auf den Tisch, wenn Sie eine Silbe akzentuieren.

 

Übungstypologie

Folgende Übungstypen werden verwendet:

  • Video- und Hörübungen, die in ein phonetisches Thema einführen,
  • Video-Übungen, die die Lautbildung verdeutlichen,
  • spezielle Hörübungen, in denen Wörter, Wortgruppen, Sätze oder Texte gehört werden  und etwas zu unterstreichen, anzukreuzen, aufzuschreiben oder zu ordnen ist,
  • Nachsprech- und Leseübungen, in denen gehörte Beispiele wiederholt oder synchron mitgesprochen werden sollen,
  • produktive Übungen, in denen auf mündlich oder schriftlich vorgegebene Impulse reagiert wird, z.B. sind neue Wörter (z.B. Komposita), neue grammatische Formen (z.B. der Plural) oder Sätze zu bilden oder Fragen zu beantworten,
  • Übungen mit literarischen Texten, die gehört, mitgelesen, auswendig gelernt und mitgesprochen werden sollen.

Wir wünschen allen Benutzern unseres Materials Erfolg beim Lehren und Lernen der deutschen Aussprache! Kritische Hinweise und Anregungen aller Art sind sehr willkommen.

 

Irmtraud Albrecht, Ursula Hirschfeld, Yoshitaka Kakinuma und Mayako Niikura



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